Hermann II. von Katzenelnbogen

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Hermann II. von Katzenelnbogen, von 1174 bis zu seinem Tod am 8. oder 9. Juni 1203 Bischof von Münster, gilt in Folge der Absetzung Heinrichs des Löwen als erster Fürstbischof des Bistums. Er festigte und erweiterte die Macht des Bischofs und des Hochstiftes Münster. Er war Gründer mehrerer Pfarreien und ließ die Türme des Sankt-Paulus-Doms vollenden.

Herkunft

Er wurde um 1130 oder 1140 als Sohn des Grafen Heinrich von Katzenelnbogen (am Mittelrhein) und dessen Gattin Hildegard geboren. Der Landgraf Heinrich war ein treuer Gefolgsmann der Staufer. Schon der Onkel Hermanns II., Philipp, wurde vom Kaiser 1141 als Bischof von Osnabrück eingesetzt.

Vor seiner Ernennung zum Bischof von Münster war er Domherr in Würzburg. [Anm. 1]

Bischof und Gefolgsmann des Kaisers

Gefolgsmann des Kaisers Barbarossa

Wie schon seine Vorgänger im Bischofsamt stand Hermann fest zum Kaiser, nun zu Friedrich I. Barbarossa (um 1122 - 1190) und zu dessen Sohn, Kaiser Heinrich VI. Er vertrat die Interessen Barbarossas z.B. auf Reichstagen und war sogar zeitweilig dessen Berater.

1174 wurde er auf Veranlassung Kaiser Friedrichs I. Barbarossa vom münsterischen Domkapitel zum Bischof gewählt. [Anm. 2]

Hermann zog 1176 zur Unterstützung des Kaisers zu dessen 5. Italienfeldzug nach Norditalien. Heinrich der Löwe dagegen versagte die Heerfolge, der Feldzug endete mit einer militärischen Niederlage der Kaiserlichen.[Anm. 3]

Wie herausgehoben seine Stellung zeitweise war, zeigte sich auf dem Reichstag von Konstanz 1183, auf dem in der Folge des Italienfeldzuges die Friedensbedingungen ausgehandelt wurden. Hermann, Berater Barbarossas, beschwor und unterzeichnete den Vertrag als erster. [Anm. 4]

Hermann nahm aktiv am Dritten Kreuzzug teil: Er gehörte zu den Gesandten, die 1188 zur Überwachung der Durchzugsbedingungen nach Konstantinopel fuhren. Sie wurden zunächst höflich empfangen, dann gefangen gesetzt. Erst nach einer Drohung Barbarossas kamen sie wieder frei. Später nahm Hermann an den Kämpfen teil, in deren Verlauf der Kaiser 1190 zu Tode kam. [Anm. 5]

Ausbau der Territorialmacht - Konflikt mit Heinrich dem Löwen

Heinrich der Löwe war auch Herzog von Sachsen. Münster lag in seinem Machtbereich, aber auch Bischof Hermann verfocht territoriale Ansprüche. In den späten 1170er Jahren brachen in Sachsen Fehden zwischen Heinrich und seinen Widersachern, darunter Bischof Hermann, aus. So eroberte Hermann 1177 zusammen mit dem Grafen Simon von Tecklenburg die Burgen Ahaus und Diepenheim.[Anm. 6]

Hermanns spätere Kooperation mit Gefolgsleuten Heinrichs des Löwen bei der Gründung des Klosters Marienfeld kann möglicherweise als Folge einer eher "gemäßigten Haltung" in den Konflikten gesehen werden. → Die Klöster

Ganz allgemein kann festgestellt werden, dass Hermann II sehr intensiv seine territoriale Macht sicherte, indem er z.B. Ahlen zur Feste ausbauen ließ, und ausweitete, z. B. nach Nordwesten, indem er die Burg Nienborg an der Dinkel im Jahr 1178 errichtete. Überdies entmachtete oder vertrieb er die Territorialherren innerhalb seines Machtbereiches, am Ende hatten nur noch die Grafen von Bentheim und die Edelherrn von Steinfurt und Greven gräfliche Macht inne. [Anm. 7]

Im Juni 1179 nahm Hermann an dem Fürstengericht über Heinrich den Löwen in Magdeburg teil, auf dem Heinrich nicht erschien. Auch als Folge weiterer Konflikte wurde der Löwe auf einem Reichstag zu Gelnhausen 1180 geächtet und seine Lehen und Güter eingezogen, darunter das Herzogtum Sachsen, in dem Münster liegt. Besiegelt wurde die Regelung mit der "Gelnhäuser Urkunde". Da Heinrich das Urteil nicht akzeptierte, wurde ab 1190 ein Reichskrieg gegen ihn geführt, was ihn als Bedrohung für Münster ausschaltete. [Anm. 8]

Der Bischof wird Territorialfürst

In der auf diesem Reichstag - siehe oben - am 13. April 1180 ausgestellten Gelnhäuser Urkunde wurde das Herzogtum Sachsen geteilt: Westfalen, das Gebiet nördlich der Lippe, wurde dem Grafen Bernhard von Anhalt zugesprochen.

Für das Hochstift Münster gab es keine besonderen Regelungen, und Bernhard konnte oder wollte keine Ansprüche stellen, was Bischof Hermann einen großen Handlungsspielraum ließ und damit die Stellung des Bischofs von Münster als Territorialfürst - Fürstbischof - ermöglichte. [Anm. 9]

Hermann II hatte einen regelrechten Hofstaat aus Personen von Adel und zahlreichen Ministerialen. Er erhielt auch das Münzrecht. Dass die Münstersche Bischofschronik aus dem 14. Jahrhundert fälschlicheweise berichtet, Hermann sei herzogliche Gewalt verliehen worden, bestätigte dessen Stellung als Münsters erster "Fürstbischof" in der Geschichte. [Anm. 10]

Organisator, Gründer, Bauherr

In Münster

Er unterstützte das Magdalenenhospital unter anderem mit einer Stiftung und befreite es von einigen Abgaben. Auch stellte er es unter bischöflichen Schutz und regelte darüberhinaus die Einkünfte des betreuenden Geistlichen so, dass er von den Betreuten nicht zu viel Geld nahm.[Anm. 11]

Hermann baute das Westwerk des Sankt-Paulus-Domes aus und vollendete die beiden Türme. [Anm. 12]

Eine von Joseph Prinz in das Jahr 1189 datierte Urkunde vermeldet rückblickend, dass Hermann die Pfarrrechte, die früher nur dem Pfarrer von Lamberti zugestanden hätten, auf mehrere Pfarreien aufgeteilt hätte, weil die Seelsorge einer "so großen Bevölkerung" besser von mehreren betrieben werden könne und auch ein einziger Friedhof die Menge der Verstorbenen nicht mehr habe aufnehmen können. [Anm. 13] Das führte zu folgenden Maßnahmen:

  • Er setzte sich ab 1178 sich für den Ausbau von Sankt Ludgeri ein und stiftete Priesterpfründen für diese Kirche.[Anm. 14]
  • Sankt Aegidii wurde gegründet, es ist 1181 zuerst belegt.[Anm. 15]
  • Sankt Martini wurde gegründet und mit Priesterpfründen sowie um 1187 mit einem Kollegiatkapitel versehen. [Anm. 16]

1193 berief er eine Regionalsynode zur Neugliedeung der Archidiakonate ein.

In die Regierungszeit Hermanns fielen Arbeiten an der Stadtmauer, die nun auch das Überwasserviertel einschließt. [Anm. 17]

Möglicherweise brachte Hermann die Reliqien des heiligen Pantaleon von seinem Kölnaufenthalt 1187 für Sankt Pantaleon in Roxel mit. [Anm. 18]

Förderung des Städtewesens

Hermann stärkte die Bürger und förderte Siedlungen, indem er z.B. Coesfeld in einer Urkunde von 12. März 1197 das Stadtrecht wie das der Bürger Münsters verlieh und es dafür von der Abhängigkeit eines Klosters befreite. 1201 erhielt Bocholt das Weichbildrecht, ein dem Stadtrecht vergleichbares Recht.[Anm. 19]

Die Klöster

Die Förderung der Klöster lag Hermann aus seelsorgerischen, aber auch aus machtpolitischen Gründen – wie der Ausbau der Festungen → Ausbau der Territorialmacht – am Herzen. So gründete er um 1200 in Münster an Sankt Aegidii ein Zisterzienserinnenkloster. Er förderte das nahe der Nordostgrenze seines Einflussbereichs liegende Frauenstift Langenhorst 1178 und andere Klöster sicher auch aus territorialem Interesse. [Anm. 20]

Das Zisterzienserkloster Marienfeld spielte für Hermann II. eine herausgehobene Rolle. Gefolgsleute Heinrichs des Löwen und er gründeten es im Jahr 1185. [Anm. 21] Zu diesem Kloster muss er eine besondere Beziehung gehabt haben, denn er wünschte, dort und nicht im Dom zu Münster bestattet zu werden.

Lebensende

Nach dem Tod Kaiser Friedrich Barbarossas 1190 war Hermann nicht mehr so stark in die Reichspolitik involviert. Die Gelegenheit, Bischof von Würzburg und Kanzler Philipps von Schwaben, des jüngsten Sohnes Barbarossas zu werden, zerschlug sich.

Es wird überliefert, dass Hermann sich 1198 ins Kloster Marienfeld zurückgezogen habe. Alois Schröer weist darauf hin, dass auch nach diesem Jahr noch Urkunden Hermanns verfasst wurden, z. B. die Verfassung für das Kloster Langenhorst noch aus dem Jahr 1203. Das relativiert nach Ansicht des Verfassers die Interpretation der Geschehnisse nach 1190 und des Wortlautes der Grabinschrift von Autoren des 15. und 16. Jahrhunderts, der Bischof habe sich aus Enttäuschung und Amtsmüdigkeit ins Kloster zurückgezogen. [Anm. 22]

Hermann II. verstarb am 8. oder am 9. Juni 1203. Sein Grabstein befindet sich beim Altar der Klosterkirche Marienfeld. [Anm. 23]

Würdigungen in späterer Zeit

Hermanns II. gehörte zu den zwölf bildlich dargestellten historischen Persönlichkeiten im 1869 fertiggestellten Festsaal des Rathauses zu Münster. [Anm. 24]

1876 benannte man die Hermannstraße nach ihm.

Quellen

  • Alois Schröer, Die Bischöfe von Münster = Das Bistum Münster, Bd. 1, hrsg. v. Werner Thissen, Regensberg, Münster 1993 S. 121 - 131 ISBN 3-7923-0646-8
  • Franz-Joseph Jakobi, Zur Bedeutung Bischof Hermanns II. (1174-1203) für Bistum und Stadt Münster aus: Westfalen. Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Altertumkunde Westfalens, (...), 83. Band 2005; Achendorff, Münster 2008 S. 21 - 32 ISSN 0043-4337
  • Zu Gründungen und zur Bautätigkeit in Münster: Manfred Balzer, Die Stadtwerdung vom 9. bis 12. Jahrhundert aus: Geschichte der Stadt Münster, Bd. 1 Münster : Aschendorff 1994 S. 74 - 80 ISBN 3-402-05370-5

Einzelnachweise

  • [1] : Schröer, Die Bischöfe S. 121f; Jakobi, Zur Bedeutung S. 22f. Zur Familie s. "Grafschaft Katzenelnbogen" in der deutschsprachigen Wikipedia
  • [2] : Jakobi, Zur Bedeutung S. 23; Schröer, Die Bischöfe S. 121 - 123
  • [3] : Schröer, Die Bischöfe S. 122; zum Verhalten Heinrichs des Löwen siehe Der Sturz des Löwen, Wikipedia-Artikel Heinrich der Löwe
  • [4] : Schröer, Die Bischöfe S. 123. Zum Reichstag siehe Wikipedia: Friede von Konstanz
  • [5] : Schröer, Die Bischöfe S. 124f schildert die genauen Umstände. Zum Kreuzzug s. "Dritter Kreuzzug" in der deutschsprachigen Wikipedia.
  • [6] : Jakobi, Zur Bedeutung S. 23; Schröer, Die Bischöfe S. 121
  • [7] : Schröer, Die Bischöfe S. 126 und 127 sowie Jakobi, Zur Bedeutung S. 29 schildern die zahlreichen Aktivitäten. Zu Nienborg s. noch "Nienborg" in der deutschsprachigen Wikipedia
  • [8] : Ächtung und Einziehung der Lehen schon Januar 1180 auf dem Reichstag zu Würzburg, in Gelnhausen wurde die Umsetzung beschlossen. Schröer, Die Bischöfe S. 122; zu der Ächtung siehe Der Sturz des Löwen, Wikipedia-Artikel Heinrich der Löwe
  • [9] : Schröer, Die Bischöfe S. 122; Wilfried Ehbrecht, Rat, Gilden und Gemeinde zwischen Hochmittelalter und Neuzeit aus: Geschichte der Stadt Münster Bd. 1 (s. Quellen) S. 91 - 93. Zur Urkunde siehe "Gelnhäuser Urkunde" in der deutschsprachigen Wikipedia
  • [10] : Jakobi, Zur Bedeutung S. 29; Schröer, Die Bischöfe S. 122 (Bischofschronik) und 127
  • [11] : Balzer, Die Stadtwerdung S. 74f schildert die einzelnen Maßnahmen zur Absicherung dieses bedeutenden Armenhospitals, an welches die Magdalenenstraße erinnert.
  • [12] : Balzer, Die Stadtwerdung S. 78
  • [13] : Jakobi, Zur Bedeutung S. 26
  • [14] : Jakobi, Zur Bedeutung S. 26. Er erwähnt noch ein wundertätiges Kreuz mit Liudger-Reliquien für die Kirche.
  • [15] : Jakobi, Zur Bedeutung S. 27; Balzer, Die Stadtwerdung S. 76
  • [16] : Balzer, Die Stadtwerdung S. 77; Jakobi, Zur Bedeutung S. 27 Ein Kollegiatkapitel ist eine Gemeinschaft von Weltgeistlichen.
  • [17] : Balzer, Die Stadtwerdung S. 79 - 80; Jakobi, Zur Bedeutung S. 27f
  • [18] : Wilhelm Kohl, Kirche und kirchliche Institutionen S. 558 aus: Geschichte der Stadt Münster Bd. 1 (s. Quellen)
  • [19] : Jakobi, Zur Bedeutung S. 28; Schröer, Die Bischöfe S. 127. Zu Coesfeld: "Coesfeld" in der deutschsprachigen Wikipedia Die Coesfeld betreffende Urkunde ist der älteste Hinweis auf ein Münsteraner Stadtrecht.
  • [20] : Schröer, Die Bischöfe S. 128 - 129 listet die Stiftungen und Schenkungen auf. Zur Interpretation Langenhorst: Wilfried Ehbrecht, Rat, Gilden und Gemeinde zwischen Hochmittelalter und Neuzeit aus: Geschichte der Stadt Münster Bd. 1 (s. Quellen) S. 91
  • [21] : Jakobi, Zur Bedeutung S. 23 - 24 interpretiert die Zusammenarbeit als Folge eienr "gemäßigte[n], auf eine Verhandlungslösung angelegte[n]" Haltung Hermanns. Zur Klostergündung siehe den Wikipedia-Artikel Hermann II. von Katzenelnbogen, zum Kloster: "Kloster Marienfeld" in der deutschsprachigen Wikipedia
  • [22] : Schröer, Die Bischöfe S. 125 (Philipp v. Schwaben); 129 - 130 wägt die Argumente der Autoren ab.
  • [23] : Schröer, Die Bischöfe S. 130 mit Anm. 82 (S. 131) nennt die vier Quellen mit dem jeweiligen Todesdatum. Die Grabinschrift ist im Wikipedia-Artikel Hermann II. von Katzenelnbogen zu finden.
  • [24] : Jakobi, Zur Bedeutung S. 22

Weblinks