Geschichte der Friedhöfe in Münster bis 1808: Unterschied zwischen den Versionen

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* Silvia Dethlefs: Zur Geschichte der Friedhöfe und des Bestattungswesens in Münster. Verlag Regensberg, Münster 1991
 
* Silvia Dethlefs: Zur Geschichte der Friedhöfe und des Bestattungswesens in Münster. Verlag Regensberg, Münster 1991
 
* Friederike Schepper-Lambers: Beerdigungen und Friedhöfe im 19. Jahrhundert in Münster. F. Coppenrath Verlag, Münster 1992
 
* Friederike Schepper-Lambers: Beerdigungen und Friedhöfe im 19. Jahrhundert in Münster. F. Coppenrath Verlag, Münster 1992
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Version vom 7. Februar 2013, 19:18 Uhr

Kirchhöfe seit der Gründung Münsters bis zum 18. Jahrhundert

Die ältesten nachweisbaren (christlichen) Begräbnisplätze wurden in der „Keimzelle“ Münsters, auf dem Horsteberg, um das Jahr 800 angelegt. Vor allem in den von Karl dem Großen eroberten und (zwangs-)christianisierten Gebieten, also auch im Münsterland, wurde auf die Beisetzung der Toten in christlichen Begräbnisstätten geachtet. Im sächsischen Recht (Capitulatio de partibus Saxoniae ) wurde ausdrücklich festgelegt, dass Christen nicht in heidnischen Grabhügeln bestattet werden sollten. Zahlreiche archäologische Ausgrabungen belegen die Existenz von Kleriker- und Laienfriedhöfen auf der Domburg.

Die bis ca. 1250 gegründeten sieben Pfarrgemeinden innerhalb des Stadtwalles (St. Lamberti, Liebfrauen-Überwasser, St. Ludgeri, St. Aegidii, St. Martini, St. Servatii und St. Jacobi) begruben ihre Toten in unmittelbarer Nähe des Gotteshauses – auf dem Kirchhof. Darüber hinaus entstanden in späteren Jahrhunderten auch Begräbnisstätten bei Klöstern, Ordensniederlassungen und Kapellen. Dort durften allerdings nur bestimmte Personengruppen bestattet werden.

So hatten die Augustinerinnen von Kloster Niesing (gegründet 1440) oder die Kapuzinerbrüder, die 1612 nach Münster kamen, eigene Begräbnisplätze. Die beiden Ritterorden – Johanniter (seit 1282) und Deutschorden (1238/45) – begruben ihre Verstorbenen auf den Friedhöfen ihrer jeweiligen Kommenden (Ordensniederlassungen) St. Johann bzw. St. Georg. Auch das Magdalenenhospital und das Leprosenheim (Kinderhaus) hatten ihren eigenen Friedhof.

Die mittelalterliche jüdische Gemeinde in Münster hatte eine Begräbnisstätte, die aus rituellen Gründen außerhalb von Wohngebieten liegen musste. Sie befand sich nordwestlich des Bispinghofs – ungefähr auf dem Gelände des heutigen Gymnasium Paulinum. Währen der großen Judenpogrome wurden 1350 auch in Münster die Juden vertrieben und ermordet. Der jüdische Friedhof wurde zerstört; Grabsteine wurden für andere Bauwerke, wie das Neubrücken- und Jüdefelder-Tor oder den Kirchturm von Lamberti, verwendet. Erst 1811 wurde wieder ein jüdischer Friedhof vor dem Neutor an der Einsteinstraße angelegt.

Neue Begräbnisstätten bis 1808

Schon früh im 18. Jahrhundert gab es konkrete Pläne, die in der Stadt – also innerhalb des alten Befestigungswalles und des heutigen Promenadenringes – gelegenen Kirch– und Friedhöfe an der Außenrand der Stadt zu verlegen. Nicht nur Platzmangel, sondern auch der vermutete Zusammenhang zwischen Leichenverwesung und Epidemien führten dazu, dass die Verantwortlichen im Fürstbistum Münster sich Gedanken über städtische Friedhöfe machten. Unter Fürstbischof Clemens August von Bayern hatte der damalige Landmesser und Baumeister Johann Conrad Schlaun im Jahr 1728 Skizzen und Pläne für sechs Friedhöfe vor den Toren der Stadt ausgearbeitet. Daraufhin erteilte der Geheime Rat 1729 die Weisung, neue Begräbnisstätten einzurichten. Doch lediglich die Aegidii-Pfarre legte noch im selben Jahr einen Begräbnisplatz vor dem gleichnamigen Tore an, der von der Bevölkerung indes kaum angenommen wurde.

Der immer knapper werdende Raum auf den Kirchhöfen, aber auch ein gewandeltes Verständnis von Totenbestattung und Gedenken im Zeitalter von Aufklärung und Romantik, veranlasste die fürstbischöfliche Verwaltung zu neuerlichen Planungen. Einzelne Kirchspiele sollten sich zusammentun und drei neue Friedhöfe am Stadtgraben einrichten. 1773 wurde für die Kirchspiele Liebfrauen-Überwasser und St. Jacobi westlich vom Buddenturm zwischen Promenade und Münzstraße ein Friedhof eingeweiht. 1774 wurde für die drei Pfarrgemeinden Lamberti, Martini, Servatii zwischen dem Mauritz- und dem Hörstertor der Friedhof an der Sonnenstraße angelegt. 1780 entstand der Aegidii-Ludgeri-Friedhof an der heutigen Schützenstraße am „Hals“. Diese drei neuen Begräbnisstätten wurden bis 1808 genutzt.

Schon bald bemühten sich die landesfürstlichen Behörden um eine erneute Verlegung der Friedhöfe aus hygienischen und medizinischen Gründen. Nach der Jahrhundertwende bemängelte die erste preußische Regierung den schlechten Zustand der Begräbnisstätten. Die preußische Kriegs- und Domänenkammer stellt in einem Schreiben vom 8. Februar 1805 fest: „Es ist nicht nur ein in die Augen fallender Übelstand, daß die Kirchhöfe zum Aufhängen der Wäsche, zum Weiden von Pferden, Ziegen und Gänsen und allerlei Viehe [und] zum Tummelplatz der geringen Jugend dienen; sondern hauptsächlich ist die Lage derselben so nahe an den Promenaden und den Wohnungen bedencklich.

Entsprechende Pläne setzten allerdings die französischen Behörden im Großherzogtum Berg um. Drei neue Friedhöfe wurden vor den Toren angelegt.

  • Vor dem Neutor für die Toten des Domkapitels und des Jacobi-Kirchhofs sowie für die Georgskommende und die Begräbnisse von Liebfrauen/ Überwasser. (eröffnet am 1. Juni 1808)
  • Vor dem Hörstertor für die Pfarreien von Lamberti, Martini und Überwasser der Hörster Friedhof (eröffnet am 1. Juli 1808)
  • Vor dem Aegidii-Tor für St. Aegidii und St. Ludgerii (eröffnet am 16. November1808).

Jahrzehntelang war es zwischen den Pfarreien, aber auch zwischen Stadt und Kirchengemeinden zum Streit über die Eigentumsverhältnisse der jeweiligen Friedhofsgelände gekommen, ging es doch darum, wer Anspruch auf die zu entrichtenden Gebühren hatte. Nachdem unterschiedliche Beschlüsse in Folge der Säkularisation keine endgültige Klarheit geschafft hat, legte eine Verordnung Napoleons (1804) schließlich fest, dass der Besitz den Zivilgemeinden übertragen wurde. In einer weiteren Verordnung (1807) wurde die Friedhofsaufischt zudem der Municipal-Policey unterstellt.

Die drei neuen münsterischen Friedhöfe außerhalb des Promenadenringes waren somit kein Eigentum der (katholischen) Kirchengemeinde, sondern Eigentum des politischen Gemeinwesens. Die jeweiligen Pfarreien hatten lediglich das Nutzungsrecht.

Literatur

  • Philippe Ariès: Geschichte des Todes, München und Wien: Hanser 1980 (11. Auflage 2005)
  • Silvia Dethlefs: Zur Geschichte der Friedhöfe und des Bestattungswesens in Münster. Verlag Regensberg, Münster 1991
  • Friederike Schepper-Lambers: Beerdigungen und Friedhöfe im 19. Jahrhundert in Münster. F. Coppenrath Verlag, Münster 1992