Kriegs- und Domänenkammer

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Kriegs- und Domänenkammer war die Bezeichnung für die Provinzialbehörden im Königreich Preußen, die bei der Verwaltungsreform unter König Friedrich Wilhelm I. 1723 aus der Zusammenlegung der Kriegskommissariate und der Amtskammern entstanden waren. Die Kriegskommissariate hatten die Aufgabe, die Armee, das stehende Heer, in den preußischen Provinzen materiell zu sichern und dazu Steuern und Abgaben einzuziehen; den Amtskammern unterstand die Verwaltung der staatlichen Güter, der Domänen, und der Einzug der Pachtzahlungen. Übergeordnete Leitungsbehörde für die Kriegs- und Domänenkammern in den Provinzen war das General-Oberfinanz- , Kriegs- und Domänendirektorium (kurz: Generaldirektorium) in Berlin.

Seit 1787 bestand für die Grafschaft Mark (brandenburgisch bzw. preußisch seit 1609/1666) eine selbständige Kriegs- und Domänenkammer mit Sitz in Hamm.

Münster erstmals preußisch

Mit dem Tod von Maximilian Franz von Österreich endete 1801 faktisch die Zeit der Fürstbischöfe in Münster. Der Versuch des Domkapitels, Anton Victor von Österreich als Landesherrn einzusetzen, scheiterte am Einspruch Preußens und Frankreichs. Am 6. Juni 1802 erklärte sich der preußische König Friedrich Wilhelm III. durch ein Besitzergreifungspatent zum neuen Landesherrn. Da im Münsterland und den angrenzenden Gebieten bereits preußische Truppen - zum Schutz der Rheingrenze vor dem revolutionären Frankreich - standen, war die Annexion des Fürstbistums bereits Monate vor dem ReichsdeputationshauptschlussWP von 1803 eine Tatsache.

Neuordnung der Verwaltung

In der Zeit „unter dem Krummstab“ war der Geheime Rat, der aus Adeligen und Vertretern des Klerus zusammengesetzt war, das wichtigste Verwaltungsorgan in inneren und äußeren Angelegenheiten. Als Exekutivorgan und Verbindungsglied zu den Territorien diente die „Geheime KabinettskanzleiWP“, die Bewilligung von Landessteuern oblag dem Landtag, zu dem sich die Landstände (Domkapitel, Ritterschaft und Vertreter der Städte) einmal jährlich mit dem Landesherrn versammelten.

Mit der Inbesitznahme wurden für den Staat Preußen vier Maßnahmen notwendig: 1) die Neuorganisation eines Behördenapparats, der die fürstbischöfliche Verwaltung ersetzte; 2) die Eingliederung dieses neuen Apparats in die vorgegebenen Verwaltungsstrukturen des Königreichs; 3) die Einsetzung qualifizierter und gegenüber dem Königreich loyaler Beamter; 4) die Eingliederung der Truppen der aufgelösten Fürstentümer in die preußische Armee und die Sicherstellung der Verpflegung und des Nachschubs für die in den neuen Gebieten stationierten Armeeteile. Diese vier Aufgaben stellten sich nicht nur im vormaligen Fürstbistum Münster, sondern auch in den anderen nordwestdeutschen Territorien (Erfurt, Hildesheim, Paderborn), die mit dem Reichsdeputationshauptschluss an Preußen gefallen waren.

"Spezialorganisationskommmissionen"

Als Organe, die diese Neuorganisation der Verwaltung in den neuen Territorien umsetzen sollten, wurden "Spezialorganisationskommissionen" errichtet, die einer „Hauptorganisationskommission“ mit Sitz in Hildesheim unter der Leitung des preußischen Staatsminister Friedrich Wilhelm Graf von der Schulenburg-Kehnert (* 21. November 1742 - † 7. April 1815) unterstellt waren.

Präsident der beiden "Spezialorganisationskommissionen" für Münster und Paderborn wurde der Oberkammerpräsident Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein, der am 27. September 1802 seine Tätigkeit in Münster aufnahm. Seine Aufgabe bestand darin, das Land in Besitz zu nehmen, die fürstbischöflichen Behörden, Archive, Kassen und Vermögenswerte zu übernehmen, die Verpflegung der preußischen Truppen zu gewährleisten, statistisches Material zu sammeln und aufzubereiten und die Errichtung einer „Kriegs- und Domänenkammer“ nach dem Vorbild der altpreußischen Provinzen vorzubereiten.

Eingliederung in die preußische Verwaltungsstruktur

Am 8. November 1803 richtete König Friedrich Wilhelm III. ein Schreiben an den Freiherrn vom Stein mit der Order, "daß in der Stadt Münster eine Krieges und Domainen Kammer für die Provinzen Münster, Paderborn, Tecklenburg und Lingen eingerichtet werde, welche mit dem 1. d. M. in Function treten soll". Diese neue oberste Bezirksbehörde übernahm am 1. Dezember 1803 die Geschäfte der bisherigen Kommissionen für Münster und Osnabrück sowie die Befugnisse der schon bestehenden Kriegs- und Domänenkammer für Minden, soweit die Gebiete der Grafschaften Tecklenburg und Lingen betroffen waren. Der Freiherr vom Stein war nun als Präsident der Kriegs- und Domänenkammer Münster und als Leiter der bereits bestehenden Kammern in Minden, Hamm und Kleve oberster Verwaltungschef der westlichen Territorien und Provinzen des Königreichs Preußen. Die Umrisse der späteren Provinz Westfalen zeichneten sich ab.

Im November 1804 wurde vom Stein ins Kabinett nach Berlin berufen. Sein Nachfolger als Präsident der Kriegs- und Domänenkammern in Hamm und Münster wurde Ludwig Freiherr von Vincke, der die Steinsche Politik einer längerfristigen Eingliederung Westfalens in den preußischen Staat fortzusetzen versuchte, indem er auf die westfälischen und münsterischen Besonderheiten Rücksicht nahm. Diese Aufgabe war nicht einfach, da die preußische Herrschaft im katholisch geprägten Münster unbeliebt war.

Ende der „ersten Preußenzeit"

Die erste preußische Herrschaft über Westfalen und Münster endete im Oktober 1806, als nach der vernichtenden Niederlage der preußischen Armee am 14. Oktober 1806 bei Jena und Auerstädt kaiserlich-französische Truppen Westfalen besetzten und in Münster einrückten. Die Hoffnungen vieler Münsteraner auf eine Restitution des Fürstbistums wurden schnell enttäuscht. Napoleon I. setzte in Münster „Louis Henri LoisonWP“ als „Gouverneur“ ein. Die „Kriegs- und Domänenkammer“ blieb unter dem Namen „Administrationskollegium“ bis 1808 bestehen, ihre Wirksamkeit war jedoch eingeschränkt durch die Kontrolle durch den Gouverneur und die Besatzungsmacht, durch die Sperrung von Mitteln und durch den Weggang erfahrener Beamter.

Die finanziellen Belastungen, die der Stadt und der Provinz durch die Besatzungsmacht auferlegt wurden, dämpften die vorübergehenden Sympathien für Frankreich. Ein der ersten Amtshandlungen „LoisonsWP“ war die Einrichtung eines Komitees, das aus je drei Vertretern der drei Stände und sechs Mitglieder des „Administrationskollegiums“ zusammengesetzt war und die Erhebung von Steuern und Kontributionen beraten sollte.

Mit der 1808 erfolgten Angliederung des ehemaligen Oberstifts Münster an das wesentlich erweiterte Großherzogtum Berg und letztendlich mit der Eingliederung in das Kaiserreich Frankreich im Jahre 1811 wurden auch die von Preußen übernommenen Verwaltungsstrukturen, die sich in der „Kriegs- und Domänenkammer“ gebündelt hatten, - vorübergehend - aufgegeben. An ihre Stelle traten bis zum Rückzug Napoleons 1813 die zentralistischen Strukturen der französischen Départementsverwaltung.

Literatur

  • Stadtarchiv Münster; Metzdorf, Jens (Bearb.), Münster wird preußisch; Münster : Stadt Münster 1992