Kiepenkerl
Kiepenkerl ist eine Berufsbezeichnung für umherziehende Händler u.a. im Münsterland. Sie brachten Nahrungsmittel wie Eier, Würste, Schinken, Milchprodukte oder Geflügel vom Land in die Stadt und brachten von dort städtische Güter, wie Salz oder Tuche zu den umliegenden Bauerschaften.
Der Name leitet sich von der Kiepe ab, einer aus Holz und Korbgeflecht bestehenden Rückentrage, die bis zu 20 kg schwer sein konnte.
Zur traditionellen Tracht des Kiepenkerls gehören neben der Kiepe ein blaues Hemd, ein rotes Halstuch und festes Schuhwerk, seltener Holzschuhe. Er trug einen Stock von bestimmter Länge bei sich, der als Gehstock und Maßstab, zum Beispiel zum Messen von Tuchen, diente. Eine Pfeife im Mund schützte ihn vor Mücken in der sumpfigen Landschaft.
Zu den seltenen Frauen, die mit der Kiepe unterwegs waren, gehörte das "Kiepenlisettken" aus dem westlichen Sauerland [Anm. 1]
Inhaltsverzeichnis
Die Tradition des Kiepenkerls
Im 19. Jahrhunderts begann das Bürgertum, sich auf ländliche Traditionen zu besinnen, zu denen auch die Figur des Kiepenkerls gehörte, den es in ländlicher Umgebung durchaus noch gab.
Auch hat ein Kiepenkerl die Rolle des Buern beim Singspiel O Buer, wat kost dien Hei? zumeist statt eines Bauern übernommen[Anm. 2], das ein wichtiger Bestandteil des Lambertussingens ist, das alljährlich auf dem Platz vor der Lambertikirche stattfindet.
Die Figur des Kiepenkerls als Vertreter des Münsterlandes trat schon zwischen den Weltkriegen auf.[Anm. 3] Einer der bekanntesten Kiepenkerle war ab den 60er Jahren der Bäckermeister Heinrich Morthorst. Er trat zum Beispiel bei der Eröffnung des Mühlenhofmuseums auf.
Das Kiepenkerldenkmal
Im Kiepenkerlviertel wurde ihm am 16. Oktober 1896 ein Denkmal errichtet, geschaffen vom Künstler August Schmiemann.
Es überstand die Bombenangriffe des Zweiten Weltkriegs unbeschadet. Die nationalsozialistische Propaganda nutzte diesen Umstand 1944 durch ein Plaket mit dem Text "Trotzdem und dennoch - Wi staoht fast!" [Anm. 4]
Erst unmittelbar nach dem Kriege wurde es zerstört, der münsteraner Bildhauer Albert Mazzotti d. J. schuf zusammen mit Heinrich Ostlinning eine neue Statue nach dem Vorbild der alten, welche beim Bauerntag am 20. September 1953 in Anwesenheit des Bundespräsidenten Prof. Heuss und des Oberbürgermeisters Dr. Busso Peus eingeweiht wurde. [Anm. 5]
Im Rahmen der Skulptur Projekte 1987 fertigte der US-amerikanische Künstler Jeff Koons einen Abguss der Kiepenkerl-Statue in rostfreiem Stahl, "Material der Massen" charakterisiert er es. Koons´ Kopie stand eine kurze Zeit als Leihgabe auf dem Sockel, dann wurde sie der leana Sonnabend Gallery in New York überbracht. → Weblinks: Skulptur. Projekte
Literatur
- Dietmar Sauermann: Der Kiepenkerl – eine problematische Erfindung, in: Heimatpflege in Westfalen 4 (1991) , 5, S. 1 - 4
- Wi staoht fast, hrsg. v. Ulrich Backmann, = Veröffentlichungen der Stadtbücherei und des Stadtarchivs Haltern, Bd. 5, Stadt Haltern 1992
- Hans-Peter Boer: Der Kiepenkerl - eine Traditionsfigur des Münsterlandes? in: Münster - Zentrum der Landwirtschft, hrsg. v. Fritz Dieckmann u. Gisbert Strotdrees, Landwirtschaftsverlag GmbH Hiltrup 1993, S. 110 - 113 ISBN 3-7843-2569-6
- Anne und Eva Spickheuer: Der Kiepenkerl in Münster: Was ein Denkmal alles bewirken kann in: Denkmäler in Münster. Auf Entdeckungsreise in die Vergangenheit, Eigenverlag Wilhelm-Hittorf-Gymnasium Münster 1996
Einzelnachweise
- [1] : Kiepenlisettken in: Wi staoht fast S. 38 - 40, sowie → Kiepenkeerl (Weblinks)
- [2] : Der Kiepenkerl S. 111
- [3] : Der Kiepenkerl S. 113
- [4] : Spickheuer 1996 S. 143f; Portfolio. Koons: Der Kiepenkerl in Edelstahl Photo rechts unten
- [5] : Spickheuer 1996 S. 144 - 148 liefert eine genaue Schilderung.
Weblinks
Kiepenkeerl in der plattdeutschen Wikipedia
Kiepenkerl in der deutschsprachigen Wikipedia
Skulptur. Projekte in Münster 1977. Jeff Koons. (1987!). Mit einem Kommentar des Künstlers (Konzept) und Bildern.