Carl Schuhmann: Unterschied zwischen den Versionen
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1889 zog Schuhmann nach Berlin. Dort arbeitete er in seinem erlernten Beruf (nach anderen Angaben als Feinmechaniker) und setzte seine turnerische Karriere fort, deren Höhepunkt die Teilnahme an den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit 1896 in Athen mit dem Gewinn von vier Olympiasiegen war. Bei den Offiziellen der ''Deutschen Turnerschaft'' galt aber die Teilnahme an einer internationalen und nicht nur Turnern vorbehaltenen Sportveranstaltung als Verstoß gegen den turnerischen Komment. Schuhmann und drei weitere Olympiateilnehmer wurden für zwei Jahre gesperrt. | 1889 zog Schuhmann nach Berlin. Dort arbeitete er in seinem erlernten Beruf (nach anderen Angaben als Feinmechaniker) und setzte seine turnerische Karriere fort, deren Höhepunkt die Teilnahme an den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit 1896 in Athen mit dem Gewinn von vier Olympiasiegen war. Bei den Offiziellen der ''Deutschen Turnerschaft'' galt aber die Teilnahme an einer internationalen und nicht nur Turnern vorbehaltenen Sportveranstaltung als Verstoß gegen den turnerischen Komment. Schuhmann und drei weitere Olympiateilnehmer wurden für zwei Jahre gesperrt. | ||
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Im Halbfinale rang Schuhmann gegen den schottischen Sieger im Gewichtheben Launceston Elliot und legte den um einen Kopf größeren Athleten nach fünf Minuten mit einem Hüftschwung auf die Schultern. | Im Halbfinale rang Schuhmann gegen den schottischen Sieger im Gewichtheben Launceston Elliot und legte den um einen Kopf größeren Athleten nach fünf Minuten mit einem Hüftschwung auf die Schultern. | ||
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Bis heute ist Carl Schuhmann mit vier Siegen bei ein und denselben Olympischen Spielen der erfolgreichste deutsche Teilnehmer. Eine Goldmedaille erhielt er jedoch nie: 1896 wurden die Sieger in den Wettbwerben noch mit einer silbernen Medaille ausgezeichnet und mit einem Lorbeerkranz geehrt. Am [[6. Mai]] [[2008]] wurde er in die neu gegründete "Hall of Fame" des deutschen Sports aufgenommen. | Bis heute ist Carl Schuhmann mit vier Siegen bei ein und denselben Olympischen Spielen der erfolgreichste deutsche Teilnehmer. Eine Goldmedaille erhielt er jedoch nie: 1896 wurden die Sieger in den Wettbwerben noch mit einer silbernen Medaille ausgezeichnet und mit einem Lorbeerkranz geehrt. Am [[6. Mai]] [[2008]] wurde er in die neu gegründete "Hall of Fame" des deutschen Sports aufgenommen. | ||
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==Literatur und Quellen== | ==Literatur und Quellen== |
Version vom 27. Januar 2009, 11:00 Uhr
Carl Schuhmann (* 12. Mai 1869 in Münster - † 24. März 1946 in Berlin) war ein deutscher Sportler und vierfacher Olympiasieger bei den Olympischen Spielen 1896 in Athen.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Carl Schuhmann kam in Münster zur Welt, zog aber als Kind mit seinen Eltern nach Köln, wohin sein Vater, ein Kaserneninspektor, versetzt worden war. Auf den Turnplätzen der Kölner Kasernenanlagen erhielt er durch Nachahmung der turnerischen Übungen der Soldaten ersten Zugang zum Sport. Er beschränkte seine sportliche Betätigung nicht nur auf das Turnen, sondern betätigte sich auch als Ringer und Gewichtheber. 1886 trat er dem Allgemeinen Turnverein Köln bei. Als bürgerlichen Beruf erlernte er das Handwerk eines Goldschmieds.
1889 zog Schuhmann nach Berlin. Dort arbeitete er in seinem erlernten Beruf (nach anderen Angaben als Feinmechaniker) und setzte seine turnerische Karriere fort, deren Höhepunkt die Teilnahme an den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit 1896 in Athen mit dem Gewinn von vier Olympiasiegen war. Bei den Offiziellen der Deutschen Turnerschaft galt aber die Teilnahme an einer internationalen und nicht nur Turnern vorbehaltenen Sportveranstaltung als Verstoß gegen den turnerischen Komment. Schuhmann und drei weitere Olympiateilnehmer wurden für zwei Jahre gesperrt.
1898 ging Carl Schuhmann auf Einladung der German Gymnastic Society nach England, leitete diesen Turnverein bis zum Ausbruch des I. Weltkriegs und turnte selbst aktiv weiter. Als Deutscher wurde er 1914 als Zivilgefangener auf der Isle of Man interniert. Auch dort betätigte er sich sportlich und organisierte und leitete Turnstunden der deutschen Internierten und Gefangenen. Nach dem Ende des Kriegs kehrte er nach Berlin zurück und wurde Turnwart der Charlottenburger Turngemeinde (bis 1936).
Schuhmann starb am 24. März 1946 in Berlin und erhielt auf dem Charlottenburger Waldfriedhof ein Ehrengrab.
Sportliche Karriere
Bis 1896
Bereits vor den ersten Olympischen Spielen erwarb sich Schuhmann einen Ruf als vielseitiger Sportler. Er wurde 1889 Sieger beim Gauturnfest in Köln, gewann im gleichen Jahr beim Harkortfest in Wetter an der Ruhr im Zwölfkampf, im Hochsprung und im Ringkampf und erhielt für seine hervorragenden Leistungen eine "lobende Anerkennung" auf dem Deutschen Turnfest in München. 1895 erreichte er vier Einzelsiege beim Turnfest in Rom.
Bei den ersten Olympischen Spielen in Athen
1896 entschlossen sich vier Berliner Turner, der Einladung von Pierre de Coubertin zu den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit in Athen anzunehmen. Hermann Weingärtner, Alfred Flatow, Gustav Flatow und eben Carl Schuhmann trotzten damit einem Verdikt der Deutschen Turnerschaft, die den "internationalistischen" Ideen des französischen Barons ablehnend gegenüberstand. Die erfolgreiche Teilnahme der vier Sportler zog nach ihrer Rückkehr aus Athen eine Sperre für alle größeren Wettbewerbe nach sich.
Turnen, Gewichtheben und Leichtathletik
Schuhmann erwies sich in Griechenland als sportliches "Multitalent": er trat im Turnen, Gewichtheben, Ringen und in der Leichtathletik an. Im Pferdsprung errang er als erster Deutscher am 9. April einen olympischen Einzel-Sieg. Die deutsche Riege um Weingärtner, die Flatow-Vettern und Schuhmann gewann die turnerischen Mannschaftswettbewerbe am Barren und am Reck. Im zweiarmigen Gewichtheben (ohne Gewichtsbeschränkung) hob er mit 90,00 kg ebenso viel wie der drittplatzierte Grieche Sotirios Versis, errang aber nur den vierten Platz. Im Weitsprung erzielte der mit 5,70 m eine damals beachtliche Weite.
Der Ringkampf
Bei den Athener Spielen fand nur ein Ringkampfwettbewerb statt, d, h, es gab noch keine Gewichtsklassen. Dass Carl Schuhmann hier erfolgreich teilnahm ist um so erstaunlicher als er mit einer Körpergröße 1,57 m und einem Gewicht von 72 kg Gewicht - nach anderen Quellen 1,63 m und 68 kg - gegen erheblich größere und schwerere Konkurrenten bestehen musste. Die Regeln des Wettkampfs ähnelten denen des heutigen Ringens griechisch-römischen Stils, allerdings gab es kein Zeitlimit und nicht alle Beingriffe waren verboten. Im Halbfinale rang Schuhmann gegen den schottischen Sieger im Gewichtheben Launceston Elliot und legte den um einen Kopf größeren Athleten nach fünf Minuten mit einem Hüftschwung auf die Schultern.
Im Finale war Schuhmanns Gegner der Grieche Georgios Tsitas. Nach vierzig Minuten wurde der Ringkampf bei Vorteilen für Schuhmann wegen der einbrechenden Dunkelheit unterbrochen und am nächsten Tag, dem 11. April 1896 fortgesetzt. Carl Schuhmann siegte nach 25 Minuten, indem er Tsitas mit einem Oberarmzug auf die Schultern warf. Dieser erstaunliche Sieg machte den "kleiner Apoll" genannten Deutschen auch bei den Landsleuten des unterlegenen Griechen äußerst populär.
Ehrungen
Diese Popularität in Griechenland veranlasste den Kronprinzen Konstantin, Schuhmann als Ehrengast zur Athener Zwischenolympiade im Jahre 1906 als Ehrengast einzuladen. Dort unterstützte Schuhmann als Betreuer die deutsche Turnriege. Bei den zwei Jahre später - 1908 - in London veranstalteten Olympischen Spielen war Carl Schuhmann Attaché der deutschen Mannschaft.
Als Ehrengast wurde der erste deutsche Olympiasieger zu den Olympischen Sommerspielen 1936 in Berlin eingeladen. Als Siebenundsechzigjähriger turnte er dort noch in einer "Ehren-Altersriege" mit.
Bis heute ist Carl Schuhmann mit vier Siegen bei ein und denselben Olympischen Spielen der erfolgreichste deutsche Teilnehmer. Eine Goldmedaille erhielt er jedoch nie: 1896 wurden die Sieger in den Wettbwerben noch mit einer silbernen Medaille ausgezeichnet und mit einem Lorbeerkranz geehrt. Am 6. Mai 2008 wurde er in die neu gegründete "Hall of Fame" des deutschen Sports aufgenommen.
Literatur und Quellen
- Das Munzinger Archiv; Artikel Carl Schuhmann
- Erich Kamper, Olympische Heroen : Portraits und Anekdoten von 1896 bis heute; Erkrath : Spiridon-Verlag 1991 ; ISBN 3-922011-20-9
- Karl Adolf Scherer, Hundert Jahre Ringen in Deutschland : 1891 - 1991 ; Geschichte eines Verbandes und seiner Mitglieder; Niedernberg : Verlag "Der Ringer" 1991
- Volker Kluge, 100 Olympische Highlights : Momentaufnahmen Athen 1896 - Atlanta 1996; Berlin : Verlag Sport und Gesundheit, 1996; ISBN 3-328-00678-8