Nikolaus (Venantius) Kindlinger
Johannes Nikolaus Kindlinger (* 17. Februar 1749 in Neudorf im Rheingau; † 15. September 1819 in Mainz) war ein katholischer Priester, Handschriften- und Siegelsammler, Archivar, Herausgeber und Literat. Er gilt einigen als Vater der münsterländischen Geschichtsforschung.
Leben
Nach dem Studium in Mainz trat er in den Franziskanerorden ein und blieb bis 1790 in dessen Niederlassung zu Münster. Venantius war sein Ordensname. In Münster nahm er archivarische Aufgaben wahr und machte historische Studien. Seit 1776 befasste er sich mit der Ordnung des münsterischen Domarchivs u.a. mit dem umfangreichen Wortgeldregister (Verzeichnis von Einkünften aus Grundzinsen) des hiesigen Domkapitels. Auch die Archive des Domkapitels im Fürstbistum Paderborn und der Beginn der Bearbeitung des kurkölnischen Archivs lagen in seinen Händen. Später wurde er gebeten, verschiedene Westfälische Adelsarchive durchzusehen und erstmals nach wissenschaftlichen Kriterien zu ordnen.
Kindlinger gilt einigen als Vater der münsterländischen Geschichtsforschung, widmete er sich doch überwiegend den Quellen dieser Region. Er gilt als früher Verfechter (wenn nicht Erfinder) der Drei- bzw. Vierhöfe-Theorie, nach der sich der größte Teil des historischen Münster auf dem Grund der ehemaligen Haupthöfe Brockhof, Jodefeld und Bispinghof befinden soll. Prinz (1960) bezweifelt dies und wundert sich, dass die Richtigkeit der These dennoch "durch die generationenlange Behauptung" erhärtet zu sein [scheint]". Er anerkennt indes die Bedeutung Kindlingers als Archivar und Geschichtsforscher für Münster und meint, dass zwischen der Wiedertäufergeschichte Hermann Kerßenbrocks (1573) und Kindlingers Arbeiten keine neuen originellen Beiträge zu diesem Aspekt der Entstehungsgeschichte Münsters erfolgt seien. [Anm.1]
Nach päpstlicher Zustimmung erfolgte sein Ordensaustritt; er wurde der letzte Archivar der Stifte Essen und Corvey. Anfang des 19. Jahrhunderts war er Pfarrer in seiner Heimatstadt und kurzzeitig Archivar Wilhelms von Oranien.
Er verstarb in Mainz.