St. Aegidii

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Dieser Artikel behandelt die Kapuzinerkirche und deren Nutzung ab 1823 als Pfarrkirche St. Aegidii.

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Zur alten Pfarr- und Zisterzienserinnenkirche St. Aegidii siehe Alte Pfarr- und Stiftskirche St. AegidiiWP

St. Aegidii, meist Aegidiikirche genannt, ist eine römisch-katholischeWP Kirche in der Altstadt von Münster. Ursprünglich KapuzinerWPkirche, übernahm sie nach dem Abriss der alten Aegidii-PfarrkircheWP deren Funktion und das ÄgidiusWP-PatroziniumWP. Die von Johann Conrad SchlaunWP in den Jahren 1724 bis 1728 erneuerte Klosterkirche hat die Bombardierungen von Münsters Innenstadt im Zweiten Weltkrieg relativ unbeschädigt überstanden.

Geschichte

Die KapuzinerWP ließen sich, von FlandernWP nach Norddeutschland kommend, 1611 in Münster nieder. Auf dem Grundstück an der Krummenstiege im Kirchspiel St. Aegidii, wo heute die St.-Aegidii-Kirche steht, errichteten sie ab dem 30. September 1619 ein Kloster und eine kleine Kirche mit dem PatroziniumWP der heiligen MariaWP und AnnaWP.1 1721 beauftragte Fürstbischofs Clemens August I. von BayernWP den Münsteraner LandbaumeisterWP Gottfried Laurenz PictoriusWP mit der Umbauplanung von Kloster und Kirche der Kapuziner, deren Fassade eine Säulenhalle vorgelegt wurde. Nach den Plänen von Pictorius wurde der Klosterbau ausgeführt, der Kirchenbau selbst aber ging auf Initiative von Ferdinand von PlettenbergWP, Erbmarschall des Hochstifts MünsterWP, der auch den Kirchenbau finanzierte, an Schlaun über. Offensichtlich sollte St. Ägidien (wie bereits das von ihm gestiftete Kapuzinerkloster WittemWP), das HausklosterWP der Plettenbergs werden, die in unmittelbarer Nähe ihr Stadtpalais, den Nordkirchener HofWP, besaßen. Die Bauarbeiten an der Kirche nach Plänen Schlauns begannen 1724, die Einweihung, zusätzlich zum bestehenden Mariapatrozinium auf das des heiligen FranziskusWP, konnte am 5. Dezember 1725 vollzogen werden, der östliche Klosterflügel wurde 1732 fertiggestellt.2

Am 2. Dezember 1811 wurde das Kapuzinerkloster aufgelöst; französische Beamte konfiszierten Kassen, Archiv und Wertgegenstände.3 Die Gebäude samt Kirche wurden in der Folge militärisch genutzt. Die gesamte (Barock-)Ausstattung wurde dabei versteigert. Die KonventsgebäudeWP wurden 1828 abgerissen.1 Als die Pfarrei St. Aegidii als Ersatz für ihr eingestürztes Gotteshaus die Kirche vom Fiskus übereignet bekam, war diese ohne jegliche Einrichtung. Aus Alt-St.-Aegidii konnten zwei Beichtstühle übernommen werden, ebenso erhielt man eine noch recht gute gebrauchte Orgel aus Kinderhaus (heute Stadtteil von Münster). Die Kanzel, das einzige originale Ausstattungsstück der Schlaunschen Kirche, gehört wieder dazu, weil der Ersteigerer dieses interessante Stück der Gemeinde schenkte. Der Innenraum war geweißelt. Zur Kaschierung der Abbruchspuren der ehedem an dieser Stelle befindlichen Klostergebäude wurde 1860 nach Plänen von Hilger Hertel dem ÄlterenWP die Sakristei in den einfachen Formen des RundbogenstilWPs angefügt. 18581860 erhielt die Kirche durch Edward von SteinleWP und Dominik MoslerWP5 eine einheitliche Ausstattung und Bemalung im NazarenerstilWP. Im Zweiten Weltkrieg kaum beschädigt, wurden die Deckengemälde größtenteils danach übermalt, jedoch zum Pfarrjubiläum 1983 wieder freigelegt bzw. ergänzt.

Im Jahr 2000 fusionierte die Aegidiigemeinde mit St. Ludgeri, 2007 wurde sie mit dieser zusammen in die Innenstadtpfarrei St. Lamberti Münster inkorporiert.6 St. Aegidii ist seitdem FilialkircheWP. In der Kirche wird seit 1998 die heilige MesseWP in der [[wikipedia:de:Tridentinische Messe#Usus extraordinarius des römischen Ritus (20072021)|außerordentlichen FormWP]] gefeiert (aktuell zweimal wöchentlich)7. Außerdem dient sie seit etlichen Jahren als Ort für die Gottesdienste der portugiesischen muttersprachlichen Gemeinde.

Architektur

Die von Schlaun erbaute Ägidienkirche ist eine in SichtziegelmauerwerkWP ausgeführte SaalkircheWP mit aufgesetztem FirstdachreiterWP. Eine größere architektonische Ausprägung erfuhr lediglich die in Baumberger SandsteinWP vorgesetzte Fassade, die sich gegenüber Schlauns erstem Kirchenbau desselben Ordens, der Kapuzinerkirche BrakelWP, durch ein entwickelteres Rahmensystem auszeichnet. Vor allem der Giebelaufsatz erfuhr nun gegenüber Brakel eine elegantere Ausformulierung. Als einziges Schmuckelement ist ein über konkavem Grundriss entwickeltes Portal eingesetzt, dessen gesprengter Segmentgiebel das Stifterwappen der Familie Plettenberg zeigt.

Der Innenraum der Kirche ist als vierjochigerWP SaalWP mit eingezogenem Rechteck-ChorWP gestaltet, dem rückwärtig der PsallierchorWP angefügt ist. Die Umfassungsmauern sind als Reduktionsform einer WandpfeilerkircheWP mit Wandbögen ausgestaltet, dem Pfeilervorlagen für die von kräftigen Gurtbögen akzentuierten KreuzgratgewölbeWP zugeordnet sind.8

Ausstattung

Zur Ausstattung gehören der typisch neugotischeWP Hochaltar, ein Chorgestühl zu beiden Seiten, zwei Seitenaltäre, bestehend aus je einer einfachen ÄdikulaWP mit Gemälde, links St. Ägidius, rechts St. Maria darstellend. Die Kanzel – von Laienbruder StephanWP nach Entwürfen von Johann Conrad SchlaunWP geschnitzt – ist aus Holz, sie zeigt die Übergabe der Ordensregel an den hl. Franziskus unter einem geschnitzten, verästelten, den Kanzelkorb umfassenden Eichenbaum. Der Schalldeckel ist als von Engeln gehaltenes Tuch ausgearbeitet. Die Kirchenbänke gehören zur Neueinrichtung um 1850, weisen jedoch keine dezidiert historistischen Stilmerkmale auf. Die Wand- und Deckenmalerei, u. a. von Joseph Anton Nikolaus SettegastWP und Dominik MoslerWP nach Entwürfen des Edward von SteinleWP, thematisiert die EucharistieWP und deren alttestamentliche VorbilderWP, wie zum Beispiel das Opfer Abrahams. Der Renaissance-Taufstein von 1557 ist aus der alten Pfarrkirche übernommen. Auch aus der alten Pfarrkirche stammt die kleine St.-Josefs-Glocke (1690) im Dachreiter. Eine kleine Statue des hl. Ägidius französischer Herkunft ergänzt die Ausstattung. In der Marienkapelle befindet sich noch eine PietàWP, in der Ölbergkapelle die namensgebende FigurengruppeWP; beide aus dem 19. Jahrhundert. In der Ölbergkapelle – nicht in der Kirche – sind auch die KreuzwegWPstationen angebracht. An der Südinnenseite des Langhauses der Kirche ist eine Darstellung Tod des hl. Josef.

Der Zelebrationsaltar aus weißem Marmor von 1983 zeigt auf seiner Vorderseite den wiederkommenden Christus auf der Weltkugel.

Orgel

1811 befand sich in der Kapuzinerkirche eine kleine OrgelWP, die mit dem übrigen Inventar versteigert wurde. Als Ersatz wurde 1823 aus der Pfarrkirche KinderhausWP eine SchleifladeWPnorgel des Orgelbauers Caspar Melchior VorenwegWP übernommen.9

II Hauptwerk C–f3
1. Praestant 8′
2. Bordun 16′
3. Gedackt 8′
4. Viola di Gamba 8′
5. Oktave 4′
6. Oktave 2′
7. Mixtur III
8. Zimbel II
9. Trompete 8′
II Positiv C–f3
10. Praestant 4′
11. Hohlflöte 8′
12. Quintatön 8′
13. Flauto dolce 4′
14. Octav 2′
15. Glockenspiel II
16. Braccio 8‘
Pedal C–f1
17. Subbass 16′
18. Violon 8′
19. Octav 4′
20. Posaune 16′

Die heutige Orgel auf der Westempore wurde 1969 von dem Orgelbauer Emanuel Kemper & Sohn (Lübeck) erbaut, unter Wiederverwendung von Teilen der Vorgängerorgel, die 1890 von Friedrich FleiterWP (Münster) erbaut worden war. Das Schleifladen-Instrument hat 22 RegisterWP auf zwei Manualen und PedalWP. Die Spieltrakturen und RegistertrakturWPen sind mechanisch. Der Spieltisch ist dreimanualig angelegt: das I. Manual ist ein Koppelmanual.10

II Hauptwerk C–g3
1. Prinzipal 8′
2. Flöte 8′
3. Oktave 4′
4. Gedackt 4′
5. Waldflöte 2′
6. Mixtur IV-VI 1 1⁄3′
7. Dulzian 16′
8. Trompete 8′
III Brust-Schwellwerk C–g3
9. Gedackt 8′
10. Rohrflöte 4′
11. Prinzipal 2′
12. Quinte 1 1⁄3′
13. Sesquialter II 2 2⁄3′
14. Scharff IV 1′
15. Schalmey 8′
Tremulant
Pedal C–f1
16. Subbass 16′
17. Oktavbass 8′
18. Gedackt 8′
19. Quintade 4′
20. Bassflöte 2′
21. Mixtur III 2 2⁄3′
22. Posaune 16′
  • Koppeln: II/P, III/P

Glocken

Im Turm der Aegidii-Kirche hing bis zum „Zweiten WeltkriegWP“ ein dreistimmiges Geläut mit klassizistischen Verzierungen aus dem Jahr 1834. Von diesem Geläut ist keine Glocke erhalten. Im Jahre 1961 wurde ein neues dreistimmiges Geläut aufgehängt.11

Nr.
 
Name
 
Gussjahr
 
Gießer
 
Durchmesser
(mm)
Masse
(kg)
SchlagtonWP
(HTWP-1/16)
1 1961 Petit & Gebr. Edelbrock (Gescher) 840 354 b1 + 3
2 650 150 d2 + 3
3 544 98 f2 + 3

Verschiedenes

Das Kirchengebäude ist nur vor, während und nach den Gottesdienstzeiten zugänglich und bleibt ansonsten geschlossen. Unregelmäßig öffnet die Kirche auch im Sommer an Samstagnachmittagen.

Literatur

  • Kirchenführer Schnell und Steiner: St Aegidii Münster 1991.
  • 800 Jahre St. Aegidii Münster 1983.
  • Gabriele Große: Münster – Kapuziner. In: Karl HengstWP (Hrsg.): Westfälisches Klosterbuch. Band 2: Münster – Zwillbrock (= Quellen und Forschungen zur Kirchen- und Religionsgeschichte. 2 = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen. 44). Aschendorff, Münster 1994, ISBN 3-402-06888-5, S. 98–103.

Einzelnachweise

Weblinks


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