Aloys Schulte: Unterschied zwischen den Versionen

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Der Sohn einer Münsteraner Kaufmannsfamilie besuchte bis [[1876]] das [[Gymnasium Paulinum]] in seiner Heimatstadt und studierte daraufhin an der [[WWU|Königlichen Akademie Münster]] Geschichte (u. a. bei [[Theodor Lindner]] und [[Paul Scheffer-Boichorst]]) und Philologie. Schulte wurde in Münster aktives Mitglied der katholischen Studentenverbindung K.St.V. Germania im Kartellverband katholischer deutscher Studentenvereine (KV). [[1879]] wurde Schulte über „Die sogenannte Chronik des Heinrich von Rebdorf“ zum Dr. phil. promoviert. Daraufhin arbeitete er in Straßburg an der Herausgabe eines Urkundenbuchs, leistete dort seinen Wehrdienst ab und ließ sich bis [[1883]] zum Gymnasiallehrer ausbilden. Im gleichen Jahr wurde er Direktor des Fürstenbergischen Archivs in Donaueschingen, wo er mehrere Bände des Fürstenbergischen Urkundenbuches bearbeitete. In Donaueschingen heiratete er [[1885]] Oda Buck, die Tochter des Mundartdichters Michel Buck.
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Der Sohn einer Münsteraner Kaufmannsfamilie besuchte bis [[1876]] das [[Gymnasium Paulinum]] in seiner Heimatstadt und studierte daraufhin an der [[WWU|Königlichen Akademie Münster]] Geschichte (u. a. bei „{{Wpl|Theodor Lindner}}“ und „{{Wpl|Paul Scheffer-Boichorst}}“) und Philologie. Schulte wurde in Münster aktives Mitglied der katholischen Studentenverbindung K.St.V. Germania im Kartellverband katholischer deutscher Studentenvereine (KV). [[1879]] wurde Schulte über „Die sogenannte Chronik des Heinrich von Rebdorf“ zum Dr. phil. promoviert. Daraufhin arbeitete er in Straßburg an der Herausgabe eines Urkundenbuchs, leistete dort seinen Wehrdienst ab und ließ sich bis [[1883]] zum Gymnasiallehrer ausbilden. Im gleichen Jahr wurde er Direktor des Fürstenbergischen Archivs in Donaueschingen, wo er mehrere Bände des Fürstenbergischen Urkundenbuches bearbeitete. In Donaueschingen heiratete er [[1885]] Oda Buck, die Tochter des Mundartdichters Michel Buck.
  
 
[[1885]] wechselte Schulte als Großherzoglich Badischer Archivrat an das Generallandesarchiv Karlsruhe und wurde Redakteur der „''Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins''“. [[1892]] wurde er auf einen Lehrstuhl für neuere Geschichte der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg im Breisgau berufen, stieß jedoch als Katholik auf erheblichen Widerstand in der Fakultät und nahm [[1895]] einen Ruf der Universität Breslau an, wo er von [[1896]] bis [[1903]] als ordentlicher Professor wirkte. [[1901]]-[[1903]] leitete er zugleich das Königlich Preußische Historische Institut in Rom, bevor er [[1903]] an die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn wechselte, wo er [[1928]] emeritiert wurde.
 
[[1885]] wechselte Schulte als Großherzoglich Badischer Archivrat an das Generallandesarchiv Karlsruhe und wurde Redakteur der „''Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins''“. [[1892]] wurde er auf einen Lehrstuhl für neuere Geschichte der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg im Breisgau berufen, stieß jedoch als Katholik auf erheblichen Widerstand in der Fakultät und nahm [[1895]] einen Ruf der Universität Breslau an, wo er von [[1896]] bis [[1903]] als ordentlicher Professor wirkte. [[1901]]-[[1903]] leitete er zugleich das Königlich Preußische Historische Institut in Rom, bevor er [[1903]] an die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn wechselte, wo er [[1928]] emeritiert wurde.

Aktuelle Version vom 17. Februar 2024, 14:08 Uhr

Aloys Schulte (* 2. August 1857 in Münster; † 14. Februar 1941 in Bonn) war ein deutscher Historiker und Archivar.

Leben

Der Sohn einer Münsteraner Kaufmannsfamilie besuchte bis 1876 das Gymnasium Paulinum in seiner Heimatstadt und studierte daraufhin an der Königlichen Akademie Münster Geschichte (u. a. bei „Theodor LindnerWP“ und „Paul Scheffer-BoichorstWP“) und Philologie. Schulte wurde in Münster aktives Mitglied der katholischen Studentenverbindung K.St.V. Germania im Kartellverband katholischer deutscher Studentenvereine (KV). 1879 wurde Schulte über „Die sogenannte Chronik des Heinrich von Rebdorf“ zum Dr. phil. promoviert. Daraufhin arbeitete er in Straßburg an der Herausgabe eines Urkundenbuchs, leistete dort seinen Wehrdienst ab und ließ sich bis 1883 zum Gymnasiallehrer ausbilden. Im gleichen Jahr wurde er Direktor des Fürstenbergischen Archivs in Donaueschingen, wo er mehrere Bände des Fürstenbergischen Urkundenbuches bearbeitete. In Donaueschingen heiratete er 1885 Oda Buck, die Tochter des Mundartdichters Michel Buck.

1885 wechselte Schulte als Großherzoglich Badischer Archivrat an das Generallandesarchiv Karlsruhe und wurde Redakteur der „Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins“. 1892 wurde er auf einen Lehrstuhl für neuere Geschichte der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg im Breisgau berufen, stieß jedoch als Katholik auf erheblichen Widerstand in der Fakultät und nahm 1895 einen Ruf der Universität Breslau an, wo er von 1896 bis 1903 als ordentlicher Professor wirkte. 1901-1903 leitete er zugleich das Königlich Preußische Historische Institut in Rom, bevor er 1903 an die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn wechselte, wo er 1928 emeritiert wurde.

Werk

Schulte gilt aufgrund seiner auf reiche Quellenarbeit gestützten Monographien über die Geschichte des mittelalterlichen Handels zwischen Deutschland und Italien, über die Fugger in Rom und die Große Ravensburger Handelsgesellschaft als ein Pionier der deutschen Wirtschaftsgeschichte] Ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeit war die deutsche Verfassungsgeschichte. So erschien 1910 von ihm eine zentrale Arbeit über Adel und deutsche Kirche im hohen Mittelalter.

1932 fasste Schulte nach eigner Aussage seine „wissenschaftliche Lebensarbeit“ in der voluminiösen Gesamtdarstellung Der Deutsche Staat zusammen, das den Zeitraum von der Königswahl Heinrich I. 919 bis zur Entfesselung des Ersten WeltkriegsWP 1914 umfasst. Ungeachtet des statischen Aufbaus des ganz auf die politische Geschichte fixierten Buchs demonstrierte Schulte hierin methodisches Verständnis, indem er die strukturelle Entwicklung (die „Dynamik der Geschichte unseres Staates“) der deutschen Verfassungsgeschichte über die Jahrhunderte verfolgte. Wenngleich eindeutig deutschnational in der Tendenz, enthielt er sich einer völkischen Argumentation, wie sie im Stil der Zeit jüngere „Grenzkampfforschen“ wie etwa Paul Wentzcke anklingen ließen. Im Nachwort seines 1933 veröffentlichten Buchs sprach Schulte zwar eine kurze Belobigung des NationalsozialistWPischen Regimes aus, das die „Liebe zum Vaterland gesteigert“ habe. Auf eine innere Parteinahme ist daraus allerdings kaum zu schließen.

Schultes große Synthese steht gleichwohl stellvertretend für sein ungebrochenes nationales Ethos und seine Prägung im Zeichen des deutsch-französischen Konflikts von der Frühen Neuzeit bis ins 20. Jahrhundert. Bereits 1892 hatte er die Tagebücher des badischen Markgrafen Ludwig Wilhelm (des „Türkenlouis“) herausgeben und mit einer Darstellung des Pfälzischen Erbfolgekriegs aus deutsch-nationaler Sicht verbunden. Im Ersten WeltkriegWP befürwortete er annexionistische Ziele der deutschen Reichsregierung (etwa gegenüber Belgien), um sich in seinem Buch „Frankreich und das linke Rheinufer“ 1918 gegen Annexionsbestrebungen Frankreichs zu wenden – einem klassischen Erzeugnis der „Rheinkampf-Literatur“ von deutscher Seite. Auch Der Deutsche Staat, das mit einer Apologie der Reichsregierung- und Generalität vor und im Ersten WeltkriegWP schließt, ist von der Argumentation geprägt, Deutschland sei über die Jahrhunderte von feindlichen Großmächten umzingelt gewesen und an der Entfaltung seiner Nationalstaatlichkeit gehindert worden.

Eine prägende wissenschaftspolitische Rolle in der Spätzeit der Weimarer Republik dürfte Schulte angesichts seines gehobenen Lebensalters und seines Ausscheidens aus dem Lehrbetrieb kaum besessen haben. Immerhin trat er im Kontext der „Rheinischen Jahrtausendfeier“ von 1925 noch einmal hervor, ebenso bei der Konzeptionierung der unverkennbar volkstumsideologisch ausgerichteten Kulturraumforschung in den 1920er Jahren.

Ehrungen

Schulte war Ehrendoktor der Universitäten Breslau (Dr. jur. h. c.) und Innsbruck (Dr. rer. pol. h. c.). Er war korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München (seit 1912) und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien (seit 1927). Er war Ehrenphilister des K.St.V. Arminia im KV zu Bonn.

Werke

(Auswahl)

  • Die sogenannte Chronik des Heinrich von Rebdorf. Ein Beitrag zur Quellenkunde des 14. Jahrhunderts, Dissertation, Münster 1879
  • Geschichte der Habsburger in den ersten drei Jahrhunderten. Studien, Wagner, Innsbruck 1887
  • Urkundenbuch der Stadt Straßburg. Band 3. Privatrechtliche Urkunden und Amtslisten von 1266 bis 1332, Trübner, Straßburg 1884
  • Urkundenbuch der Stadt Straßburg. Band 4,1. Nachträger und Register (mit Wilhelm Wiegand), Trübner, Straßburg 1898
  • Urkundenbuch der Stadt Straßburg. Band 4,2. Stadtrechte und Aufzeichnungen über bischöflich-städtische und bischöfliche Ämter (mit Georg Wolfram), Trübner, Straßburg 1887
  • Die Reichenauer Städtegründungen im 10. und 11. Jahrhundert mit einem ungedruckten Stadtrecht von 1100, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, Bd. 44 (1890), S. 137–169
  • Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden und der Reichskrieg gegen Frankreich 1693-1697. 2 Bände (Darstellung und Quellen), J. Bielefeld, Karlsruhe 1892; 2. Ausgabe Winter, Heidelberg [[1901
  • Gilg Tschudi, Glarus und Säckingen, in: Jahrbuch für Schweizerische Geschichte, Bd. 18, 1893, S. 3-157
  • Geschichte des mittelalterlichen Handels und Verkehrs zwischen Westdeutschland und Italien mit Ausschluß von Venedig. 2 Bände, Duncker & Humblot, Leipzig 1900 (Neudruck Duncker & Humblot, Berlin [[1966] – Digitalisat
  • Zur Entstehung des deutschen Postwesens. In: Allgemeine Zeitung, München 1900, 85, S. 1–5
  • Die Fugger in Rom. Mit Studien zur Geschichte des kirchlischen [sic!] Finanzwesens jener Zeit. 2 Bände (Darstellung und Urkunden), Duncker & Humblot, Leipzig 1904
  • Der Adel und die deutsche Kirche im Mittelalter (= Kirchenrechtliche Abhandlungen; 63-64), Enke, Stuttgart 1910 (2. Auflage 1922, Nachdruck: WBG, Darmstadt 1958)
  • Kaiser Maximilian I. als Kandidat für den päpstlichen Stuhl. 1511. Duncker & Humblot, Leipzig 1906
  • Die Schlacht bei Leipzig. Marcus & Weber, Bonn 1913
  • Frankreich und das linke Rheinufer, DVA, Stuttgart und Berlin 1918 (in französischer Übersetzung Lausanne [[1919; Nachdruck 1997 in einem rechtsextremen Verlag als Frankreich und Deutschland. Zur Geschichte des Kampfes zwischen zwei Völkern, ISBN 3-927933-94-5)
  • Vom Grutbiere. Eine Studie zur Wirtschafts- und Verfassungsgeschichte. In: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein, Band 85, 1908, S. 118–146
  • Geschichte der Großen Ravensburger Handelsgesellschaft 1380-1530. 3 Bände (2 Bände Darstellung, 1 Band Quellen), DVA, Stuttgart und Berlin 1923 (Nachdruck: Steiner, Wiesbaden [[1964)
  • Die Kaiser- und Königskrönungen zu Aachen. 813–1531. In: Rheinische Neujahrsblätter, [[1924 (Digitalisat der ULB Düsseldorf); (Nachdruck: WBG, Darmstadt 1965)
  • Tausend Jahre deutscher Geschichte und Kultur am Rhein (Herausgeberschaft), Schwann, Düsseldorf 1925
  • Der Deutsche Staat. Verfassung, Macht und Grenzen, DVA, Stuttgart [[1933 (Nachdruck: Scientia, Aalen [[1968)
  • Der Plan der Angliederung von Ostfriesland, Emsland und Osnabrück an die Provinz Westfalen 1866-1869 (mit Eduard Schulte). In: Der Raum Westfalen, Bd. II, 2: Untersuchungen zu seiner Geschichte und Kultur, Berlin 1934, S. 159-210 (Anhang mit Aktenstücken: Digitalisat)
  • Deutsche Könige, Kaiser, Päpste als Kanoniker an deutschen und römischen Kirchen, Historisches Jahrbuch der Görres-Gesellschaft Bd. 54, [[1934 (Nachdruck: WBG, Darmstadt [[1960)
  • Aus dem alten Münster. Erinnerungen, Skizzen und Studien, Aschendorff, Münster 1936

Literatur

  • Max Braubach: Aloys Schulte und die rheinische Geschichte. In: Rheinische Vierteljahrsblätter, Bd. 22, 1957, S. 1–30 (Vortrag zum 100. Geburtstag, auch als Sonderdruck: Hanstein, Bonn 1957)
  • Max Braubach: Aloys Schulte. In: Westfälische Lebensbilder, Bd. 7. Münster 1959, S. 158–180
  • Max Braubach: Aloys Schulte. Kämpfe und Ziele. In: Historisches Jahrbuch, Bd. 78, 1949, S. 89–109
  • Burkhard Dietz, Helmut Gabel, Ulrich Tiedau (Hrsg.): Griff nach dem Westen. Die „Westforschung“ der völkisch-nationalen Wissenschaften zum nordwesteuropäischen Raum (1919-1960). 2 Bde. Waxmann, Münster 2003, ISBN 3-8309-1144-0
  • Leo Just: Briefe an Hermann Cardauns, Paul Fridolin Kehr, Aloys Schulte, Heinrich Finke, Albert Brackmann und Martin Spahn 1923-1944. Hrsg., eingeleitet und kommentiert von Michael F. Feldkamp (= Beiträge zur Kirchen- und Kulturgeschichte; Bd. 11). Lang, Frankfurt am Main u. a. 2002, ISBN 3-631-38931-0
  • Festgabe Aloys Schulte. Zum 80. Geburtstage am 2. August 1937, in: Rheinische Vierteljahrsblätter, 7, 1937, S. 107–312
  • Gerhard Kaller: Schulte, Aloys. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 9, Herzberg 1995, ISBN 3-88309-058-1, Sp. 1115–1118.
  • Stefan Jordan, Konrad Repgen: Schulte, Aloys, in: In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 23, Duncker & Humblot, Berlin 2007, S. 687–689.
  • Biographisches Lexikon des KV, Band 2 Seite 112 f (1993) ISBN 3-923621-98-1

Bibliographien

  • Historische Aufsätze. Aloys Schulte zum 70. Geburtstag gewidmet. Schwann, Düsseldorf 1927 (Nachdruck: Keip, Dolgbach 1993) – mit ausführlicher Bibliographie bis 1927
  • Verzeichnis der wichtigeren Schriften Aloys Schultes 1927-1937, in: Historisches Jahrbuch, 57, 1937, S. 533–534 – Bibliographie 19271937

Weblinks


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