Villa ten Hompel: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 19. Februar 2006, 17:01 Uhr
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Die Villa ten Hompel am Kaiser-Wilhelm-Ring 28 ist ein authentischer Schreibtischtatort. In der prächtigen, in den 1920 Jahren gebauten Fabrikantenvilla befand sich zwischen 1940 und 1945 der Sitz der Ordnungspolizei für den Wehrkreis VI. In der Nachkriegszeit war hier das "Dezernat für Wiedergutmachung" untergebracht.
Inzwischen ist "die Villa" Erinnerungs-, Lern- und Forschungsort. Im Zentrum der Arbeit stehen mit der Geschichte der Polizei sowie der Wiedergutmachung zwei Themenfelder, die die Geschichte des Hauses -- und damit der Stadt Münster -- wesentlich beeinflusst haben. Zwei Dauerausstellungen illustrieren die wechselvolle Geschichte des Hauses. Darüber hinaus bemüht sich die Einrichtung in ihren Mittwochsgesprächen um historisch-politische Bildung.
Die Villa ten Hompel als historischer Ort
Der Name "Villa ten Hompel" erinnert an ihren Erbauer Rudolf ten Hompel. Er ließ das Haus in den 1920er Jahren errichten, nachdem er in der Zementindustrie ein beträchtliches Vermögen erwirtschaftet hatte. Nach dem finanziellen Zusammenbruch seines Konzernes 1931 zog er sich aus allen öffentlichen Ämtern zurück, 1939 wird er zum letzten Mal als Eigentümer der Villa genannt.
Wesentliche historische Bedeutung hingegen erhielt das Haus durch den Sitz des Befehlshabers der Ordnungspolizei für den Wehrkreis VI (140--1945) sowie als "Dezernat für Wiedergutmachung für politisch, rassisch und religiös Verfolgte" (1953--1968). Zwischen 1945 und 1953 beherbergte es die Wasserschutzpolizei.
Aufgaben der Ordnungspolizei während des Dritten Reiches
Die Ordnungspolizei war, neben der Sicherheitspolizei (Geheime Staatspolizei/Kriminalpolizei) wesentliche zweite Säule des Polizeiapparates von Heinrich Himmler, dem "Reichsführer SS" und "Chef der deutschen Polizei". Mit der Besetzung Österreichs 1938 vollzog sich sich für die Ordnungspolizei ein tiefgreifender Funktionswandel hin zu einer paramilitärischen Organisation. Während des Krieges waren sogenannte "Polizeibataillone" massiv an der Ermordung der jüdischen Bevölkerung in Osteuropa verantwortlich. Die Ordnungspolizei sorgte zudem für die Bewachung von Deportationszügen in die Vernichtungslager und stellte bei Einweisungen in Konzentrationslager die notwendigen Transportbegleitungen sicher. Schließlich fungierte die Ordnungspolizei auch als Aufsichtspersonal für die "Arbeitserziehungslager".
Der Wehrkreis VI, der von Münster aus verwaltet wurde, war der bevölkerungsreichste Polizeibereich im damaligen Deutschen Reich. Er umfasste das heutige Nordrhein-Westfalen, den Raum Osnabrück sowie -- ab 1940 -- Teile Belgiens. Am 16. März 1940 beförderte Himmler die "Inspekteure der Ordnungspolizei" in den besonders luftgefährdeten Industriegebieten zu "Befehlshabern der Ordnungspolizei" (BdO). Der BdO Münster befehligte vom Kaiser-Wilhelm-Ring aus eine etwa 200.000 Mann starke Polizeigruppe. Dabei standen ihm bis zu 40 Mitarbeiter zur Seite.
Das Dezernat für Wiedergutmachung
Zwischen 1953 und 1968 beherbergte die "Villa ten Hompel" das "Dezernat für Wiedergutmachung für politisch, rassisch und religiös Verfolgte" der Bezirksregierung Münster. In dieser Zeit stellten rund 12.000 Menschen aus dem gesamten Regierungsbezirk einen Antrag auf finanzielle Entschädigung. Allerdings waren längst nicht alle Opfergruppen rechtlich in der Lage, einen Ausgleich für an ihnen begangenem Unrecht zu beantragen. Zwangssterilisierte, Euthanasieopfer, ausländische Zwangsarbeiter, aber auch Homosexuelle wurden nicht als Opfer "typisch nationalsozialistischer" Verfolgung anerkannt. Sie blieben vielfach entschädigungslos.
Die Villa heute: Erinnern, Forschen, Lernen
In zwei Dauerausstellungen beschäftigt sich die "Villa" heute mit ihrer wechselvollen Geschichte. Die Ausstellung "Im Auftrag. Polizei, Verwaltung und Verantwortung" thematisierte erstmals in Bundesrepublik die Geschichte der uniformierten Polizei zwischen 1924 und 1968. Die zweite, Ende 2005 eröffnete Ausstellung "Wiedergutmachung als Auftrag" konzentriert sich, ebenfalls erstmalig in der BRD, auf die Geschichte der Wiedergutmachung. Dabei zeichnet sie nicht nur das Entschädigungsverfahren anhand einiger NS-Verfolgtengruppen nach, sondern nimmt auch die öffentliche Haltung zur "Wiedergutmachung" in den Blick. Neben diesen Dauerausstellungen hat die "Villa ten Hompel" auch mehrere Wanderausstellungen erarbeitet. Zudem forscht sie zur Geschichte der regionalen Ordnungspolizei, zu Funktions- und Arbeitsweisen von mittleren Behörden sowie zur Wiedergutmachungs- und Entschädigungspraxis in der Bundesrepublik und informiert in Seminaren über die Geschichte des Hauses.