Codrus

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Der Codrus oder die Comedia Codri ist eine 1485 erschienene, lateinisch verfasste Schulkomödie des Leiters der Münsterschen Domschule Johannes Kerckmeister und das erste in Münster gedruckte Buch.

Die Schulkomödie wurde wohl für den Gebrauch im Lateinunterricht an der Domschule geschrieben. Ob der Prosatext mit abwechselnden Dialogen und Monologen jemals aufgeführt wurde, ist nicht bekannt. Johannes Kerckmeister, der Verfasser, war neben seinem Zeitgenossen „Rudolf von LangenWP“ einer der bedeutendsten Humanisten im westfälischen Raum. Die Humanisten wandten sich in einer durch die italienische Renaissance vermittelten Rückbesinnung auf die Kultur und Literatur der Antike gegen die erstarrten Formen der scholastischen Denkens, Lehrens und Lernens. Der Codrus ist neben Jakob Wimpfelings Stylpho eine der ersten[Anm. 1] humanistischen Komödien der deutschen Literaturgeschichte.

Die Handlung der Komödie

Der Unterschied zwischen dem traditionellen mittelalterlichen Schulbetrieb und den Ansprüchen der Humanisten an die Beherrschung der lateinischen Sprache bildet den Hintergrund der Handlung des „Codrus":

Die Titelfigur Codrus (lateinisch: „Dummkopf“ [Anm. 2]) ist ein alter Lehrer, der den Schülern seiner Dorfschule die lateinische Sprachlehre mit den damals gebräuchlichen „donatischen" Grammatiktraktaten eintrichtert. Doch die Konkurrenz neuer Lehrer, die den Stoff statt durch stumpfsinniges Einpauken von Regeln und Formen durch die Lektüre der antiken Autoren im Sinne des neuen humanistischen Bildungsideals vermitteln, vertreibt die Schüler aus Codrus' Schule. Um sein eigenes Wissen und Können den Erfordernissen einer neuen Zeit anzupassen, begibt sich Codrus nach Köln an die hochgerühmte dortige Universität. Er findet dort Anschluss an Studenten, die nicht nur den Idealen humanistischer Bildung anhängen und sprachlich dem Codrus weit voraus sind, sondern dem Studentenleben auch die lustvollen, spaß- und scherzhaften Seiten abgewinnen können. Codrus mit seinem groben und fehlerhaften Latein ist ihnen ein willkommenes Opfer ihrer satirischen Scherze und ihres Spotts, den er aber nicht durchschaut. Er „erwirbt“ den akademischen Grad eines „Baccalaureus der Grammatik“ samt fiktiver „Promotionsurkunde“ und kehrt stolz ob seiner „neuen Gelehrsamkeit“, aber mit dem gleichen Bildungsstand, mit dem er kam, aus Köln in sein Dorf zurück.

Ausgaben

Am 30. Oktober[Anm. 3] 1485 wurde die Comedia Codri als erstes in Münster gedrucktes Buch herausgegeben. Es gehört damit zu den Inkunabeln ( = „Wiegendrucken“, d.h. vor dem Jahr 1500 gedruckten Büchern) und umfasst zwanzig Blätter. Drucker war Johannes Limburg aus Aachen, der in Münster die erste Offizin, die erste Setz- und Druckwerkstatt, betrieb. Von diesem ältesten Druck Westfalens sind nur noch zwei Exemplare vorhanden. Eines befindet sich in der Universitäts- und Landesbibliothek Münster (Signatur: 4 an Inc 612), ein zweites in der Stadt- und Landesbibliothek Dortmund.

Ausgaben neuerer Zeit sind:

  • Codrus. Ein neulateinisches Drama aus dem Jahre 1485, herausgegeben von Lothar Mundt, Berlin : de Gruyter 1969
  • Elmar Rickert, Johannes Kerckmeisters Schulkomödie „Codrus“ (1485) als Zeugnis für den Humanismus im nordwestdeutschen Raum. Mit einem Faksimile des Erstdrucks von 1485, (Neuedition, Übersetzung ins Deutsche, Kommentar und Interpretation); Münster : Aschendorff 2011, ISBN 978-3-402-12865-7

Weblink

Anmerkungen

  • [Anm. 1]: Der Stylpho entstand bereits 1480 in Heidelberg, wurde aber erst 1494 gedruckt.
  • [Anm. 2]: Der Name spielt womöglich auf die Gestalt des armen Poeten Codrus in der Dritten Satire des Juvenal an.
  • [Anm. 3]: So die WWU in der Pressemitteilung zur Neuausgabe 2011 (s. Weblink). Im Ausstellungskatalog des Stadtmuseum 1991 (Gerd Dethlefs (Red.), 500 Jahre Buchdruck in Münster. Eine Ausstellung des Stadtmuseums Münster in Zusammenarbeit mit der Universitätsbibliothek Münster. 5. Juli 1991 - 10. November 1991, Münster : Stadtmuseum 1991) wird p. 12 der 31. Oktober genannt.