Masematte

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Masematte

Masematte ist die im 19. Jahrhundert entwickelte Sondersprache von ambulanten Händlern, Hausierern, Kleingewerbetreibenden und Teilen der ortsansässigen sozialen Unterschichten in einigen Vierteln von Münster. Die Bezeichnung "Masematte" leitet sich aus dem Jiddischen masso umattan oder masa 'umatán her, das "Geschäft", "Handel" bedeutet. Im Rotwelschen hat masematten auch die Bedeutung "Einbruch, Einbruchdiebstahl".

Ein Wörterverzeichnis Masematte-Deutsch findet sich in der TackoPedia, ein gegenläufiges Verzeichnis Deutsch-Masematte in der TackoPedia/R.


Charakter und Geschichte der Masematte

Das aus dem Rotwelschen, dem Jiddischen und den Sprachen der Sinti und Roma stammende Sprachgut verschmolz mit westfälisch-niederdeutschen Elementen zu einer Sprache mit weitgehend homogenem Vokabular. Masematte, ein lokaler Dialekt des Rotwelschen, wurde zum Kommunikationsmittel in den Vierteln der Arbeiter, der Armen und der Unterschichten und diente dort als "Geheimsprache", die Außenstehende von der Kommunikation ausschloss. Masematte wude von ihren Sprechern als zweite oder dritte Sprache neben dem gängigen umgangssprachlichen Hochdeutsch und gegebenfalls dem westfälisch-niederdeutschen Platt gebraucht. Es bestand kein Bedarf, eine eigenständige Grammatik der Masematte zu entwickeln.

Die Zerstörung der geschlossenen Viertel, in denen Masematte gesprochen wurde und die Vernichtung und Verschleppung der Juden, der Sinti und Roma führten während der Zeit des Nationalsozialismus und des II. Weltkriegs dazu, dass Masematte ihre soziale und örtlich gebundene Grundlage verlor. Bis in die 1960er Jahre hielt sie sich noch in begrenzten Kreisen, etwa unter Bauarbeitern, als lebendige, gesprochene Sprache. Seit dem Ende des II. Weltkriegs veränderte die Sprache ihren Charakter auch insofern, als sie eine "Folklorisierung" durchmachte. Seither gilt es in Teilen der Münsteraner Bevölkerung als "chic", sich gelegentlich einiger überlieferter Masematte-Ausdrücke zu bedienen. Die Wörter jovel ( = "gut", "prima"), schofel ( = "mies", "schlecht") und leeze ( = "Fahrrad") wurden zum umgangssprachlichen Allgemeingut, an dem sich die Münsteraner überall in der Welt erkennen. Humoristische Glossen in einer "modernisierten" Masematte erscheinen vor allem zur Karnevalszeit in den Tageszeitungen der Stadt. Das einstmals geringgeschätzte Idiom verachteter Unterschichten, das bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts ausschließlich mündlich verwandt wurde - das älteste schriftliche Zeugnis in Masematte stammt aus dem Jahr 1946 - , ist seither gesellschaftsfähig und in geringem Umfang literaturfähig geworden.



Soziologie der Masematte

Topographie der Masematte

Hochdeutsch Masematte
Ärger banbonum, hallas, randale, rochus
Angst muffe
Anzug kaftan
Arbeit / arbeiten maloche / malochen
Arbeiter (schlechter Arbeiter) malocher (laumalocher)
Arbeitsamt burkbeis
Augen döppen
Ausweispapiere fleppen
baden plümpsen
Bauch newes / plautze
Bauer kaffer / chalo / knäbbel
beobachten luren
betrügen linken / abseibeln
Betrug schmuh
Betrunkener schickermann
Bett firche / poofe
bezahlen schucken / beribbeln
Boss obermacker
Brille dollar / knispel / kneisterschiene
Butterbrot kille / knierfte
Da ambach
Dorf kaff
Durst brand
Ehefrau alsche
eine Mark schuck
erzählen schmusen
essen achilen / frengeln / spachteln
Fahrrad knete/ leetze
Flasche finne
frot plete
Friseur kapper
fünf Mark heiermann
Füsse mauken
gehen böschen / scherbeln
Gehilfe im Handel und Verkauf ballsaster / kippesfreier
Geld lowi / moos / zaster
Geld (Kleingeld) kotenmoos
Geldbörse patte
genehm koscher
Gesicht lobbe / schmiege
Gewinn reibach
Glück massel
gut jovel / tofte
gut aussehend kurant
Hahn baschlo
Hammer mottek
Haus beis
Hausiererei masematte(n)
Haus (kleines) kabache
heimlich stikum
hier ambach
Hitze chamine
Hoden klöten
Hose bosse / plinte
Huhn kachelin
Hund juchelo / keilof / töle
Hunger bok / butlak / roof
Hut bibi
Igel stachiringelo
Ja emmes
Jacke jumpfermann
Junge strigo
Kaffee schokelamai
Kanal öle
kaputt kapores / mulo
Kartoffeln matrelen
katholisch toffelmönisch
Katze matschka
Kehle strotte
Kind koten
Kinderhaus (Stadtteil von MS) kotenbeis
Kirche kangeri / tiftel
Kleidung kowe
klug mucker
Kneipe katschemme
koitieren *:-) (ab)nabbeln / chaumeln
Kopf küls
Krach hallas
Kraft schmackes
Krankenhaus teewinde
Kuh pore
Kuss schumm
lächeln schmergeln
Lärm bambonum / randale
laufen peseln
Leichenhalle mulobeis
lügen puchen
Mädchen / Frau anim / ische / kaline / schabo
Mann freier / macker / seeger / hegel
Mantel kaftan
Markt / Jahrmarkt schock
merken muckern
Messer knief / zachen
Nase nak / zinken
nein lau
Penis jori / kari / sonnef
Pfeife schanele
Pferd grei / zossen
pinkeln meimeln
Pistole kamangeri
Polizist klisto / mispel / prngelo/ schachani
Prostituierte nabbelschore
Quatsch jontef / schmus
Raten / Schulden keif / malme
regnen meimeln
Reifen hassel
Ring bassel
Säbel plempe
Sarg peigelscharett
sehen kneistern / knispeln / dicken
sehr hame(l)
Sippe / Verwandschaft mispoke
Sonne lorenz
Speise achile
Scheiße schonte
schlafen firchen / poofen / ratzen
schlagen dellen / verkasematucken
Schlampe schlör
schlau mucker
schlecht mies / mau / schovel
Schnaps pilo / schabau
schnell tacko
schön jovel / tofte
stehlen gannefen / klemmen / schoren
sterben peigeln
still stikum
Streit bambonum
Täuschung figine
Toilette bräse / schont
tot kapores / machulle / mulo
trinken schickern / pieren / schasken / verkasematucken
Unsinn schmus / stuss
Vagina minsch
verkaufen verschachern / verscherbeln / verscheuern
verrückt dinnlo / kolene / meschugge / nerbelo / tralli
verschwunden plete
Ware sore
Ware (getohlene) schore / tinnef
Wasser pani
Wirtschaft katscheme
Wut rochus
zehn Pfennig tacken
Zigarette fluppe / primangelo / zichte
Zuchthaus fuge / granigen
Zug tralli


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