Masematte: Unterschied zwischen den Versionen

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===Charakter und Geschichte der Masematte===
 
===Charakter und Geschichte der Masematte===
  
Das aus dem Rotwelschen, dem Jiddischen und den Sprachen der Sinti und Roma stammende Sprachgut verschmolz mit Plattdeutsch zu einer "Insider"-Sprache mit durchgehendem Vokabular. Masematte dient als "Geheimsprache", die Außenstehende von der Kommunikation (auch heute noch) vollkommen ausschließt.
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Das aus dem Rotwelschen, dem Jiddischen und den Sprachen der Sinti und Roma stammende Sprachgut verschmolz mit westfälisch-niederdeutschen Elementen zu einer Sprache mit weitgehend homogenem Vokabular. Masematte, ein lokaler Dialekt des Rotwelschen, wurde zum Kommunikationsmittel in den Vierteln der Arbeiter, der Armen und der Unterschichten und diente dort als "Geheimsprache", die Außenstehende von der Kommunikation ausschloss. Masematte wude von ihren Sprechern als zweite oder dritte Sprache neben dem gängigen umgangssprachlichen Hochdeutsch und gegebenfalls dem westfälisch-niederdeutschen Platt gebraucht. Es bestand kein Bedarf, eine eigenständige Grammatik der Masematte zu entwickeln.  
Masematte wird von "Insidern" benutzt und verfeinert.
 
Zu keinem Zeitpunkt bestand ein Bedarf an Dokumentation, Historie oder sonstigen Killefitz.
 
  
Die "Metasprache" Masematte lebt.
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Die Zerstörung der geschlossenen Viertel, in denen Masematte gesprochen wurde und die Vernichtung und Verschleppung der Juden, der Sinti und Roma führten während der Zeit des Nationalsozialismus und des II. Weltkriegs dazu, dass Masematte ihre soziale und örtlich gebundene Grundlage verlor. Bis in die 1960er Jahre hielt sie sich noch in begrenzten Kreisen, etwa unter Bauarbeitern, als lebendige, gesprochene Sprache. Seit dem Ende des II. Weltkriegs veränderte die Sprache ihren Charakter auch insofern, als sie eine "Folklorisierung" durchmachte. Seither gilt es in Teilen der Münsteraner Bevölkerung als "chic", sich gelegentlich einiger überlieferter Masematte-Ausdrücke zu bedienen. Die Wörter ''jovel'' ( = "gut", "prima"), ''schofel'' ( = "mies", "schlecht") und ''leeze'' ( = "Fahrrad") wurden zum umgangssprachlichen Allgemeingut, an dem sich die Münsteraner überall in der Welt erkennen. Humoristische Glossen in einer "modernisierten" Masematte erscheinen vor allem zur Karnevalszeit in den Tageszeitungen der Stadt. Das einstmals geringgeschätzte Idiom verachteter Unterschichten, das bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts ausschließlich mündlich verwandt wurde - das älteste schriftliche Zeugnis in Masematte stammt aus dem Jahr [[1946]] - , ist seither gesellschaftsfähig und in geringem Umfang literaturfähig geworden.
  
Dies ist eine ungeheuerliche Herausforderung für die heutige Gesellschaft.
 
 
Jovel, schovel und leeze machen heute jeden glauben; "Das ist aber hamel!"
 
 
Und hamel ist schovel fürn seegers seine masmeiers, wenn de Rür dran meigt.
 
  
 
===Soziologie der Masematte===
 
===Soziologie der Masematte===
Das ist schovel: "Soziologie".
 
 
Ihr wollt mir einen unterjubeln?
 
 
Hauptsache bei!?
 
Drinnen sein, oder Draußen stehn!?
 
 
Masematte wird von Menschen gesprochen, welche den ADHS/ADS-lern zuzuordnen ist.
 
Blitzschnelle Auffassungsgabe, hohe Eigenquote, dynamische Eloquenz.
 
  
 
===Topographie der Masematte===
 
===Topographie der Masematte===

Version vom 26. Januar 2009, 19:03 Uhr

Masematte

Masematte ist die im 19. Jahrhundert entwickelte Sondersprache von ambulanten Händlern, Hausierern, Kleingewerbetreibenden und Teilen der ortsansässigen sozialen Unterschichten in einigen Vierteln von Münster. Die Bezeichnung "Masematte" leitet sich aus dem Jiddischen masso umattan oder masa 'umatán her, das "Geschäft", "Handel" bedeutet. Im Rotwelschen hat masematten auch die Bedeutung "Einbruch, Einbruchdiebstahl".

Ein Wörterverzeichnis Masematte-Deutsch findet sich in der TackoPedia, ein gegenläufiges Verzeichnis Deutsch-Masematte im Wörterverzeichnis Deutsch-Masematte.


Charakter und Geschichte der Masematte

Das aus dem Rotwelschen, dem Jiddischen und den Sprachen der Sinti und Roma stammende Sprachgut verschmolz mit westfälisch-niederdeutschen Elementen zu einer Sprache mit weitgehend homogenem Vokabular. Masematte, ein lokaler Dialekt des Rotwelschen, wurde zum Kommunikationsmittel in den Vierteln der Arbeiter, der Armen und der Unterschichten und diente dort als "Geheimsprache", die Außenstehende von der Kommunikation ausschloss. Masematte wude von ihren Sprechern als zweite oder dritte Sprache neben dem gängigen umgangssprachlichen Hochdeutsch und gegebenfalls dem westfälisch-niederdeutschen Platt gebraucht. Es bestand kein Bedarf, eine eigenständige Grammatik der Masematte zu entwickeln.

Die Zerstörung der geschlossenen Viertel, in denen Masematte gesprochen wurde und die Vernichtung und Verschleppung der Juden, der Sinti und Roma führten während der Zeit des Nationalsozialismus und des II. Weltkriegs dazu, dass Masematte ihre soziale und örtlich gebundene Grundlage verlor. Bis in die 1960er Jahre hielt sie sich noch in begrenzten Kreisen, etwa unter Bauarbeitern, als lebendige, gesprochene Sprache. Seit dem Ende des II. Weltkriegs veränderte die Sprache ihren Charakter auch insofern, als sie eine "Folklorisierung" durchmachte. Seither gilt es in Teilen der Münsteraner Bevölkerung als "chic", sich gelegentlich einiger überlieferter Masematte-Ausdrücke zu bedienen. Die Wörter jovel ( = "gut", "prima"), schofel ( = "mies", "schlecht") und leeze ( = "Fahrrad") wurden zum umgangssprachlichen Allgemeingut, an dem sich die Münsteraner überall in der Welt erkennen. Humoristische Glossen in einer "modernisierten" Masematte erscheinen vor allem zur Karnevalszeit in den Tageszeitungen der Stadt. Das einstmals geringgeschätzte Idiom verachteter Unterschichten, das bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts ausschließlich mündlich verwandt wurde - das älteste schriftliche Zeugnis in Masematte stammt aus dem Jahr 1946 - , ist seither gesellschaftsfähig und in geringem Umfang literaturfähig geworden.


Soziologie der Masematte

Topographie der Masematte